Apothekenfilialbesitz – Apothekenrecht
Inhalt
A. Voraussetzungen für den Filialbesitz
- I. Gesetzliche Grundlagen
- II. Chance oder Risiko?
B. Betriebswirtschaftliche Aspekte zum Filialbesitz
- I. Kauf oder Neugründung von Filialapotheken
- II. Mietvertrag über Filialbetriebsräume
- III. Kaufpreis und Finanzierung der Filialapotheken
- IV. Wirtschaftlichkeitsberechnungen
- 1. Personal
- 2. Warenwirtschaft
- 3. Organisation
C. Steuerliche Aspekte des Filialbesitzes
- I. Einkommensteuer
- II. Gewerbesteuer
- III. Umsatzsteuer
D. Rechtsfragen zum Filialbesitz
- I. Rechtsform
- II. Pacht von Filialapotheken
- III. Arbeitsrecht
- 1. Arbeitsverträge mit Filialleitern
- 2. Personalaustausch
- 3. Kündigungsschutz
- IV. Firmierung von Filialapotheken
E. Fazit
A. Voraussetzungen für den Filialbesitz
I. Gesetzliche Grundlagen
Seit dem 1.01.2004sind Filialapotheken in eingeschränkter Form zugelassen. Ein Apothe-ker kann neben seiner Hauptapotheke noch bis zu drei Filialapotheken betreiben, § 1 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG). Die Erlaubnis zum Betrieb mehrerer Apotheken wird auf Antrag erteilt, wenn der Apotheker die persönlichen, sachlichen und ortsorientierten Voraussetzun-gen erfüllt. Diese Voraussetzungen müssen für jede dieser Apotheken erfüllt sein. Es gibt nur eine Betriebserlaubnis für Hauptapotheke und Filialapotheken gemeinsam.
Als Betreiber mehrerer Apotheken hat der Apotheker eine der Apotheken persönlich zu füh-ren. Diese wird dadurch zur Hauptapotheke. Für die Filialapotheken ist jeweils ein Apotheker als verantwortlicher Leiter zu benennen (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 und 2 ApoG). Der für eine Filialapo-theke verantwortliche Apotheker hat den Status eines angestellten Mitarbeiters.
Für die Filialapotheken gelten dieselben rechtlichen Anforderungen nach der Apothekenbe-triebsordnung wie für die Hauptapotheke (Personal, Raumanforderungen, Ausstattung). Ortsorientierte Voraussetzung für den Betrieb von Filialapotheken ist, dass die vom Apothe-ker selbst betriebene Apotheke und die Filialapotheken innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder zumindest in benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten liegen (§ 2 Abs. 4 ApoG).
II. Chance oder Risiko?
Für jeden selbständigen Apotheker stellt sich in mehr oder weniger Häufigkeit die Frage: Welche Unternehmensziele möchte bzw. muss ich in Zukunft für meine Apotheke verfolgen (Wachstum oder Stabilität) und welche Vor- und Nachteile oder Chancen und Risiken sind hiermit verbunden
Unternehmensziele beziehen sich im allgemeinen nicht nur auf einen Aspekt wie z.B. aus-schließlich Gewinn oder Wachstum. Vielmehr sind mehrere Gesichtspunkten mit mehr oder weniger expliziter Gewichtung betroffen. Dabei sind quantitative wie auch qualitative Unter-nehmensziele von besonderer Bedeutung.
Quantitative Ziele können z.B. sein:
- Rentabilitätsziele (Rohgewinn, Gewinn)
- Größen- und Wachstumsziele (Umsatz bzw. Umsatzsteigerung)
- Erhöhung des Marktanteils
- Finanzielle Ziele (Liquidität, Selbstfinanzierungsgrad)
Qualitative Ziele können z.B. sein:
- Ethische Ziele (Ausbau der pharmazeutischen Leistungsfähigkeit)
- Soziale Ziele (Erhaltung von Arbeitsplätzen, Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter)
- Machtziele (Sicherung der Unabhängigkeit der Apotheke, ökonomischer und gesell-schaftlicher Einfluss)
Für diese Ziele ist zu prüfen, , welche Vor- bzw. Nachteile ein möglicher Filialbesitz von Apo-theken dafür haben kann.
B. Betriebswirtschaftliche Aspekte zum Filialbesitz
I. Kauf oder Neugründung von Filialapotheken
Eine Erweiterung des Apothekenbetriebes um Filialen ist grundsätzlich durch Kauf, Pacht oder Neugründung möglich. Auch ein oHG-Modell mit einem oder mehreren Partnern ist denkbar. Gleichgültig für welche Variante sich ein Apotheker entscheidet, ist wie bei Erwerb, Pacht oder Neugründung einer Hauptapotheke auch für eine Filialapotheke eine differenzier-te Standortanalyse durchzuführen. Ein Unterschied bei der Standortwahl besteht darin, dass sie sich lediglich auf den gleichen Kreis oder den angrenzenden Kreis erstrecken darf. Die ökonomische Beurteilung des Standorts einer Filialapotheke muss sowohl bei Neugründung als auch bei Übernahme oder Pacht einer bestehenden Apotheke als Filialapotheke sorgfältig durchgeführt werden.
II. Mietvertrag über Filialbetriebsräume
Der Bestand von Apotheken ist wesentlich abhängig von der Laufzeit des Mietvertrages für die Betriebsräume. Nur ein mittel- bis langfristiger Mietvertrag kann sicherstellen, dass der Apothekenbetrieb auch in Zukunft gewährleistet und dem Apotheker möglich ist, den selbst aufgebauten oder erworbenen Firmenwert zu nutzen. Durch die starken Veränderungen der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb einer Apotheke hat sich jedoch eine Verschiebung der Prioritäten für einen Apothekenbetreiber ergeben. Auch für die Zukunft ist nicht abzuschätzen, welche Veränderungen noch auf die Apotheker zu-kommen werden. Daher erscheint es sinnvoll, bei Neuabschluss eines Mietvertrages für eine Filialapotheke eine eher kurze Festlaufzeit und zusätzlich kürzere Optionen im Mietvertrag zu vereinbaren. Dadurch wird das Risiko einer weiteren Kostenbelastung bei einer evtl. nöti-gen Schließung eines Standortes möglichst niedrig gehalten. Auch sollten die Mietlaufzeiten der Filialapotheke kompatibel sein zu denen der Hauptapotheke, wenn nicht von vornherein feststeht, dass die Apotheken wieder einzeln veräußert werden sollen. Wird die Filialapothe-ke durch Kauf erworben, wird es oft nicht möglich sein, Vertragsinhalte mit zu gestalten. Denn die Verträge müssen meistens unverändert übernommen werden, falls sie nicht gerade auslaufen.
III. Kaufpreis und Finanzierung der Filialapotheken
Ein wesentliches ökonomisches Entscheidungskriterium ist der nachhaltige Ertrag unter Be-rücksichtigung der Anfangsinvestitionen und deren Folgekosten. Bei Übernahme einer be-stehenden Apotheke als Filiale ist für ertragreiche Apotheken mit einem höheren Kaufpreis zu rechnen, da neben Einrichtung und Warenlager auch ein Firmenwert zu bezahlen ist. Dies kann zu einer hohen finanziellen Belastung führen. Hierbei ist zu klären, inwieweit die Ban-ken die Betriebserweiterung finanzieren werden. Es könnte unter Umständen durch kürzere Kreditlaufzeiten zu einer höheren Tilgungsbelastung kommen. Zur Finanzierung des Kauf-preises stehen dem Apotheker weiterhin „öffentliche Mittel“ z.B. in Form des Unterneh-merkredites der KfW-Mittelstandsbank zur Verfügung. Die Höhe des Kaufpreises dürfte auch entscheidend von der individuellen Marktsituation abhängen (Konkurrenzabwehr). Hieraus ergeben sich gleichermaßen Chancen und Risiken, sowohl für Verkäufer und Käufer. Auch ein niedriger Kaufpreis für die Filialapotheke erweist sich nur dann als vorteilhaft, wenn auch eine vorsichtige Wirtschaftlichkeitsberechnung akzeptable Erträge erwarten lässt.
IV. Wirtschaftlichkeitsberechnungen
Der Wirtschaftlichkeit der Filialapotheke kommt die entscheidende Bedeutung zu. Auch bei Übernahme ist – wie bei der Neugründung ohnehin – eine komplett neue Gewinn- und Ver-lustrechnung bzw. Rentabilitätsrechnung aufzustellen. Durch den Einsatz eines angestellten Filialleiters und den damit verbundenen höheren Belastungen im Personalbereich entsteht eine erheblich veränderte Kostenstruktur der künftigen Filial-Apotheke. Die Kostenstruktur hat wiederum entscheidenden Einfluß auf die Gewinnsituation der Apotheke. Auch der Ein-satz von Eigenkapital zur Finanzierung des Kaufpreises wird das Ergebnis der Filialapotheke wesentlich beeinflussen können. Haben sich die Vorstellungen für die Übernahme einer Fili-alapotheke bereits konkretisiert, sollte auf keinen Fall auf detaillierte Rentabilitäts- und Ver-fügungsbetragsbetrachtungen verzichtet werden. Dadurch lassen sich später mögliche nega-tive Konsequenzen ersparen.
Im Folgenden sollen die wesentlichen Bereiche erläutert werden:
1. Personal
Im Fall des Erwerbs einer oder mehrerer Filialapotheken ist – wie bisher auch beim Kauf einer Apotheke – das bereits vorhandene Personal gemäß § 613a BGB zu übernehmen. Dies kann entscheidenden Einfluss auf die Kostenstruktur der Filialapotheke haben. Mög-licherweise kann der Altinhaber der Apotheke vor der Übernahme noch Anpassungen vor-nehmen.
Neu ist jedoch, dass die Verantwortung für die Apotheke auf einen angestellten Approbierten übertragen wird. Er wird die Apotheke „quasi“ wie seine eigene Apotheke führen. Dieses Ziel kann jedoch nur durch eine entsprechende angemessene Honorierung dieser Leistung er-reicht werden. Diese muss in die Wirtschaftlichkeitsberechnungen unbedingt einbezogen werden. Das Gehalt des angestellten Filialleiters mindert in jedem Falle den möglichen Ge-winn aus der Filialapotheke. Gehälter für Filialleiter dürften eher höher liegen als für andere approbierte Mitarbeiter. Mit dem approbierten Filialleiter ist ein Angestelltenvertrag abzu-schließen, der u.a. die Kompetenzen, Vergütung (durchaus auch mit variablen, erfolgsab-hängigen Bestandteilen) etc. regelt. Der Transparenz der Kompetenzverteilung kommt sicher eine besondere Bedeutung zu, um langfristig eine positive Zusammenarbeit zwischen dem Inhaber der Apotheke und dem Filialleiter gewährleisten zu können. Die Personalkosten, die durch den Einsatz eines Filialleiters entstehen, können sehr unterschiedlich sein.
Die Regeln für die Vertretung des Filialleiters ergeben sich aus der Apothekenbetriebsord-nung. Sofern kein anderer Approbierter in der Filialapotheke tätig ist, müssen die Öffnungs-zeiten der Filialapotheke grundsätzlich komplett durch den approbierten Filialleiter abgedeckt werden. Dies wird häufig zu Mehrkosten führen, da bei dieser Konstellation der Filialleiter Angestellter ist und nicht der durchaus zur Selbstausbeutung neigende Apothekeninhaber. Unterstellt man, dass eine Apotheke durchschnittlich 50 Wochenstunden geöffnet hat und ein Vollzeitapprobierter unter Berücksichtigung von Urlaubs- und Krankheitszeiten ca. 1.730 Stunden im Jahr arbeitet, dann bräuchte man ca. 1,5 Vollzeitstellen für Approbierte, um ca. 2.600 Stunden Öffnungszeiten abzudecken. Hieraus können sich zusätzliche Kosten in Höhe von ca. 65.000 Euro p.a. incl. der Sozialbeiträge ergeben.
Ein Vorteil, der sich aus dem Filialbesitz ergeben kann, ist die Möglichkeit der Optimierung des Mitarbeitereinsatzes in der Haupt- und in den Filialapotheken. Voraussetzung ist jedoch, dass das Personal flexibel in den einzelnen Apotheken eingesetzt werden kann. Hierzu sind die arbeitsrechtlichen Vorgaben und Grenzen zu beachten (dazu nachstehend).
Chancen:
- Übernahme des bereits vorhandenen Personals (geeigneter Filialleiter vielleicht bereits vorhanden, eingespieltes Mitarbeiterteam, Kundennähe)
- flexibler Mitarbeitereinsatz
- Delegationsmöglichkeiten durch den Apothekeninhaber
- Risiken:
- Übernahme des bereits vorhandenen Personals (von vornherein zu viel oder schlecht motiviertes Personal)
- Hohe Personalkosten durch den angestellten Approbierten als Filialleiter
- Schwächen in der Person des Filialleiters
- Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Vorgaben
2. Warenwirtschaft
Durch einen gemeinsamen Einkauf für die Haupt- und Filialapotheken können sich Ein-kaufsvorteile ergeben, insbesondere bei OTC-Arzneimitteln und Nicht-Arzneimitteln. Befin-den sich Hauptapotheke und Filialapotheke räumlich nicht allzu weit voneinander entfernt, könnte auch ein rascher Austausch von Medikamenten bei Defekten realisierbar sein.
Chancen:
- Medikamentenaustausch bei Defekten
- Einkaufsvorteile bei OTC-Arzneimitteln und Nicht-Arzneimitteln
- Kostensparender Ablauf durch gemeinsame Bestellung für alle Apotheken
Risiko:
- Intransparenz bei unklaren Richtlinien und fehlendem Controlling
3. Organisation
Bislang wurde der Bereich der Organisation bei einigen Apotheken eher stiefmütterlich be-handelt. Solange das betriebswirtschaftliche Ergebnis stimmte, war die Notwendigkeit, aktiv zu werden, auch nicht zwingend gegeben. Der Apotheker konnte es sich durchaus erlauben, sich vorrangig auf seine pharmazeutischen Tätigkeiten zu konzentrieren.
Ein wichtiges Argument für Filialapotheken können neben der Flexibilität im Personaleinsatz auch zu erwartende Synergieeffekte bei organisatorischen Aufgaben sein, z.B. Gestaltung der Schaufenster, Planung von Aktionen, Entwicklung eines preispolitischen Konzeptes, die für alle Apotheken gemeinsam angegangen werden können. Es fallen aber auch neue Auf-gaben an, wie z.B. Kommunikation mit dem Filialleiter, Führung der Mitarbeiter, Controlling-aufgaben. Dies bedeutet wiederum, dass der Inhaber des Apothekenverbundes mit einem höheren persönlichen Einsatz für die anfallenden Tätigkeiten rechnen muss. Entscheidende Voraussetzung hierfür wird die Delegationsbereitschaft des Apothekers sein. Damit der Apo-theker seine Entscheidung für den Filialbesitz langfristig nicht bereuen muss, wird es sinnvoll sein, sich im Vorfeld Gedanken über die Verteilung der Aufgaben zu machen und der Aus-wahl des künftigen Filialleiters besondere Beachtung zu schenken.
Bei Kauf einer Filialapotheke wird der Apotheker in der Regel die Dauerverträge wie z.B. die Leasingverträge für die EDV mitübernehmen. Es kann daher vorkommen, dass der Apothe-ker ein EDV-System übernehmen muss, welches nicht kompatibel zum System der Haupta-potheke ist. Unter Umständen muss in diesem Bereich zunächst investiert werden.
Das Controlling einer anderen als der selbst geführten Apotheke ist eine völlig neue Aufga-be. Dazu bedarf es besonderer Auswertungen als Steuerungsinstrument. Die Qualität der Auswertungen durch den eigenen Steuerberater wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewin-nen. Der Inhaber eines Apothekenverbundes sollte jederzeit über die wirtschaftliche Situation der einzelnen Apotheken informiert sein, um Gefahren frühzeitig erkennen zu können.
Chancen:
- Arbeitsersparnis bei Planungsaufgaben im Marketingbereich
- Delegationsmöglichkeiten für Apothekeninhaber, Schwerpunktbildungen
Risiken:
- höherer Zeitaufwand für Managementaufgaben
- ggfs. Übernahme vorhandener nicht kompatibler EDV oder Investitionsbedarf im EDV-Bereich
C. Steuerliche Aspekte des Filialbesitzes
Entscheidet sich ein Apotheker zur Eröffnung von Filialen, werden sich ihm auch steuerliche Fragen stellen. Wie sind die Hauptapotheke und die Filialapotheken in der Einkommensteu-er, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer zu behandeln? Gibt es Gestaltungsempfehlungen, die zu einer Minderung der Steuerlast führen? Was ist bei der Buchführung und beim Jahresab-schluss zu beachten?
Um diese Fragen beantworten zu können, muss zunächst geklärt werden, ob der Apotheker die Haupt- und Filialapotheken als einheitlichen Gewerbebetrieb oder als mehrere Gewerbe-betriebe führen möchte. Schon aus Gründen der Transparenz sollte angestrebt werden, Haupt- und Filialapotheken als getrennte Gewerbebetriebe zu führen. Nur so kann der Erfolg der Hauptapotheke oder einer Filiale verlässlich ermittelt werden. Die Kostenstrukturen wer-den transparent, und es können bei Bedarf Maßnahmen zur Verbesserung des wirtschaftli-chen Erfolges ergriffen werden.
Um eine klare Trennung zwischen der Hauptapotheke und den Filialapotheken und den Fili-alapotheken untereinander zu erreichen, sollte vor allem für jede Apotheke eine eigene Buchführung eingerichtet werden. Es wäre insbesondere auf folgende Dinge zu achten:
- Jede Apotheke sollte ein eigenes Bankkonto haben.
- Rechnungen über Waren oder sonstige Kosten müssen an die jeweilige Apotheke adres-siert sein.
- Die Rezeptabrechnung ist – zumindest im Verhältnis zum jeweiligen Rechenzentrum - für jede Apotheke getrennt vorzunehmen.
- Bei Austausch von Waren und/oder Personal zwischen den Apotheken sind Kostenver-rechnungen vorzunehmen.
Das Ergebnis der getrennten Buchführung wird sich zusätzlich in den einzelnen Jahresab-schlüssen für die Haupt- und Filialapotheken wiederspiegeln.
I. Einkommensteuer
Der Gewinn aus der Hauptapotheke und den Filialapotheken ist als Gewinn aus Gewerbebe-trieb bei der Einkommensteuer zu erfassen. Insoweit besteht kein Unterschied zur Besteue-rung des Gewinns aus einer Einzelapotheke.
Die Bildung von gewinnmindernden Ansparrücklagen für künftige Investitionen nach § 7g Einkommensteuergesetz kann davon abhängig sein, ob die Apotheken als ein einheitlicher Gewerbebetrieb oder als getrennte Gewerbebetriebe geführt werden. Denn die Möglichkeit zur Bildung einer Ansparrücklage ist an den Umfang des Betriebsvermögens eines Gewer-bebetriebs gekoppelt. Ist dieses zu hoch, kann keine Ansparrücklage gebildet werden. Bei einem einheitlichen Gewerbebetrieb, z.B. Hauptapotheke und drei Filialapotheken, besteht daher die Gefahr, dass die Bildung von Ansparrücklagen nicht möglich ist. Denn in diesem Fall wird das Betriebsvermögen aller Apotheken zusammengefasst. Auch dieser Aspekt spricht also in der Regel für die Führung getrennter Gewerbebetriebe.
Bei Bildung einer Ansparrücklage vor Eröffnung einer Filiale ist eine verbindliche Bestellung der Investitionsgüter anzuraten, um späteren Streitigkeiten mit dem Finanzamt zu entgehen. Denn die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs macht die verbindliche Bestellung zur Vo-raussetzung für die Anerkennung der Ansparrücklage.
Die getrennte Führung der Apotheken kann auch bei Veräußerung eines Standortes zu steuerlichen Vorteilen führen. Denn in diesem Fall sieht die Finanzverwaltung darin eine Teilbetriebsveräußerung. Der dabei erzielte Veräußerungsgewinn wird unter Umständen nur einem ermäßigten Steuersatz unterworfen.
II. Gewerbesteuer
Das Gewerbesteuergesetz sieht für jeden Gewerbebetrieb einen Freibetrag von 24.500 Euro vor. Bei getrennter Führung der Hauptapotheke und der Filialapotheken besteht die Chance, diesen Freibetrag mehrfach zu erhalten. Zwar hat sich die Belastungswirkung der Gewerbe-steuer seit Einführung der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer erheb-lich vermindert. Jedoch findet in einer Vielzahl von Fällen keine vollständige Anrechnung statt, so dass die mehrfache Inanspruchnahme des Gewerbesteuerfreibetrags steuerlich noch immer von Vorteil sein kann. Hier bleibt die Rechtsauslegung der Finanzämter abzu-warten. Gewinne aus einer späteren Teilbetriebsveräußerung unterliegen zudem nicht der Gewerbesteuer.
III. Umsatzsteuer
Unabhängig davon, ob die Hauptapotheke und die Filialapotheken als einheitlicher Gewer-bebetrieb oder getrennte Gewerbebetriebe geführt werden, stellen sie nach dem Umsatz-steuergesetz ein einheitliches Unternehmen dar. Alle Umsätze sind daher in gemeinsamen Umsatzsteuervoranmeldungen und einer gemeinsamen Umsatzsteuerjahreserklärung zu-sammenzuführen. Ein Leistungsaustausch zwischen den Apotheken (z.B. bei Ware oder Personal) wird als sogenannter Innenumsatz nicht mit Umsatzsteuer belastet. „Rechnungen“ zwischen den Apotheken dürfen deshalb keine Umsatzsteuer ausweisen.
D. Rechtsfragen zum Filialbesitz
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen folgende Rechtsfragen zum Filialbesitz angerissen werden:
I. Rechtsform
Auch weiterhin dürfen Apotheken nur in der Form eines Einzelunternehmens oder als offene Handelsgesellschaft (oHG) geführt werden. Die Filialapotheke wird unselbständiger Bestand-teil einer als Einzelunternehmen oder als oHG betriebenen Hauptapotheke. Auch eine oHG darf wie ein Einzelunternehmer nur bis zu drei Filialapotheken betreiben. Zu der Frage, ob aus einer Präsenzpflicht der oHG-Gesellschafter in ihrer Hauptapotheke folgt, dass oHG-Gesellschafter nicht zum verantwortlichen Leiter einer Filialapotheke bestellt werden können, liegt noch keine Praxis der Genehmigungsbehörden vor.
II. Pacht von Filialapotheken
In der Praxis hat sich trotz anfänglich ablehnender Stimmen gezeigt, dass ein Apotheker eine Filialapotheke nicht nur im Wege des Kaufs, sondern auch durch Pacht erwerben kann. Formale Bedenken, dass sowohl für Haupt- und Filialapotheken eine einheitliche Betriebser-laubnis erforderlich ist, werden dadurch überwunden, dass der betreffende Apotheker die Betriebserlaubnis für seine bisherige Apotheke nur unter der Bedingung aufgibt, dass ihm eine neue Betriebserlaubnis für Haupt- und Filialapotheke erteilt wird. Es dürfte daher uner-heblich sein, ob ein Apotheker als bisheriger Eigentümer oder aber nur als bisheriger Päch-ter eine Filialapotheke hinzupachten möchte. Voraussetzung ist allerdings, dass im Pachtver-trag des betreffenden Apothekers kein Wettbewerbsverbot zugunsten des Verpächters ent-halten ist oder, falls ein solches Wettbewerbsverbot bestehen sollte, der Verpächter darauf verzichtet.
Umgekehrt kann jedoch kein Apothekenverpächter eine Betriebserlaubnis als Verpächter erhalten, der neben seiner bisher verpachteten Apotheke eine Filialapotheke erwerben möchte, um diese entweder selbst zu betreiben oder ebenfalls zu verpachten.
III. Arbeitsrecht
Im Rahmen des Erwerbs von Filialapotheken sind folgende arbeitsrechtlichen Besonderhei-ten zu beachten( dazu auch Kevekordes, Apotheken-Filialbesitz:Arbeitsrechtliche Besonder-heiten, in: AWA v.15.4.2004 Nr.8, S.8 – 11):
Im Rahmen des Erwerbs von Filialapotheken sind folgende arbeitsrechtlichen Besonderhei-ten zu beachten( dazu auch Kevekordes, Apotheken-Filialbesitz:Arbeitsrechtliche Besonder-heiten, in: AWA v.15.4.2004 Nr.8, S.8 – 11):
1. Arbeitsverträge mit Filialleitern
Der Gesetzgeber verlangt vom Inhaber oder Pächter der Filialapotheken (Hauptaptheker), dass er für die Leitung einer Filialapotheke einen Apotheker benennt, der neben dem Inha-ber oder Pächter die apotheken- und arzneimittelrechtlichen Verpflichtungen im Rahmen des Betriebs der Filialapotheke zu erfüllen hat (nachstehend Filialleiter). Diese Verpflichtung ist in den Arbeitsvertrag mit dem betreffenden approbierten Mitarbeiter aufzunehmen. Weiterhin wird der Hauptapotheker zu überlegen haben, ob und inwieweit er dem Filialleiter nach au-ßen hin Handlungsvollmacht und/oder Bankvollmacht erteilt und zu welchen Geschäften, insbesondere Einkäufen und Preisgestaltungen im Verkauf, der Filialleiter im Innenverhältnis berechtigt sein soll. Darüber hinaus muß der Hauptapotheker entscheiden, ob und ggf. wel-che Befugnisse er dem Filialleiter gegenüber dem Personal der Filialapotheke einräumt. Die entsprechenden Befugnisse sind entweder in einseitigen Schreiben des Inhabers an den Filialleiter oder im Arbeitsvertrag festzuhalten. Im letzteren Fall bedürfte eine Änderung der Zustimmung beider Parteien oder einer Änderungskündigung. Insbesondere ist zu überle-gen, ob der Hauptapotheker dem Filialleiter formelle Befugnisse erst nach Ablauf einer Pro-bezeit einräumt.
2. Personalaustausch
Um die Vorteile der Kombination von Haupt- und Filialapotheken zu nutzen, ist u.a. von Be-deutung, ob ein Personalaustausch möglich ist. Dafür ist in erster Linie der Inhalt der Ar-beitsverträge der Mitarbeiter maßgeblich. Meist wird im Arbeitsvertrag der Name der Apothe-ke als Arbeitsort angegeben sein, so dass der Apotheker als Arbeitgeber seine Mitarbei-ter/innen nicht ohneweiteres im Rahmen seines Direktionsrechtes anweisen kann, in einer mehr als ca. 1 km entfernten Apotheke zu arbeiten. Ist die Zustimmung der betreffenden Mit-arbeiter erforderlich, ist unter Umständen die Übernahme zusätzlicher Fahrtkosten (bei grö-ßeren Entfernungen zwischen den Apotheken) ein Thema. Ist die Zustimmung der Mitarbei-ter nicht zu erreichen, bleibt ggf. nur der Weg der Änderungskündigung, d.h. eine fristgemä-ße Beendigungskündigung mit dem Angebot, ab Beendigung der Kündigungsfrist zu den geänderten Bedingungen weiter zu arbeiten.
3. Kündigungsschutz
Vor dem Erwerb einer Filialapotheke ist auch zu berücksichtigen, dass dann ggf. erstmals für alle Mitarbeiter des Apothekeninhabers der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutz-gesetz eingreift. Dieses Gesetz erlaubt Kündigungen nur aus dringenden betrieblichen, ver-haltensbedingten oder personenbezogenen Gründen. Für eine verhaltensbedingte Kündi-gung ist dann eine vorhergehende Abmahnung erforderlich. Im Rahmen von betriebsbeding-ten Kündigungen sind zusätzlich die Gesichtspunkte der Sozialauswahl nach Dauer der Be-triebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltsverpflichtungen zu beachten. Dieses maß-gebliche Kündigungserschwernis setzt bereits ein, wenn ein Apotheker ständig mehr als 5 (Vollzeit-) Mitarbeiter beschäftigt. Seit dem 1.1.2004 ist der Kündigungsschutz lediglich für neu angestellte Mitarbeiter ausgeschlossen, solange nicht mehr als 10 (Vollzeit-)Mitarbeiter vorhanden sind. Ist aus betriebswirtschaftlichen Gründen ein Personalaustausch zwischen Haupt- und Filialapotheken vorgesehen, liegt ein gemeinsamer Betrieb vor bzw. sind die Mit-arbeiter von Haupt- und Filialapotheken zusammenzurechnen. Die Zahl von 10(Vollzeit-) Mitarbeitern wird dann leicht überschritten. Ob ein gemeinsamer Betrieb von Haupt- und Fili-alapotheken und damit die Zusammenrechnung der Mitarbeiter in den Apothekenbetrieben vermieden werden kann oder ob eine entsprechende Gestaltung zur Trennung der Betriebe betriebswirtschaftlich vertretbar ist, kann nur im Einzelfall geklärt werden.
IV. Firmierung von Filialapotheken
Als Kaufmann muss der selbständige Apotheker seine Firma, d.h. der Bezeichnung, unter der er sein Handelsgeschäft führt, zur Eintragung im Handelsregister des örtlich zuständigen Amtsgerichts anmelden und seine Firma mit dem zuständigen Registergericht und Handels-registernummer auf seinem Geschäftspapier und seinen Rechnungen angeben. Grundsätz-lich kann der Inhaber für seine Filialapotheken dieselbe Firma führen wie für seine Haupta-potheke. Heißt die bisherige Firma der Hauptapotheke „Adler-Apotheke Fritz Meier e.K.“, kann ihr Inhaber auch seine Filialen unter dieser Firma führen.
Befinden sich diese Filialen in einem Ort, dürfte die Genehmigungsbehörde allerdings einen unterscheidenden Zusatz fordern, um z. B. im Notfalldienst eine sichere Identifizierung der einzelnen Filialapotheke zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund dürften keine Bedenken bestehen, die bisherige Bezeichnung wie z. B. „Brunnen-Apotheke“ wie folgt im geschäftli-chen Verkehr zu verwenden: „Brunnen-Apotheke, Filialapotheke der Adler-Apotheke Fritz Meier e. K.“
Befindet sich die Filialapotheke in einem anderen Ort als die Hauptapotheke, kommt darüber hinaus die Eintragung der Filialapotheke als Zweigniederlassung im Handelsregister in Be-tracht. Diese Eintragung hat den Vorteil, dass die bisherige Bezeichnung der Filialapotheke im Bezirk des örtlichen Registergerichts geschützt ist, ohne dass es auf ihre Verkehrsgeltung bzw. Bekanntheit unter den potentiellen Apothekenkunden eines Ortes ankommt. Die Vo-raussetzungen zur Eintragung einer Zweigniederlassung sind bei einer Filialapotheke prak-tisch immer gegeben. Insbesondere ist anerkannt, dass ein übernommenes Unternehmen, also auch eine Filialapotheke, als Zweigniederlassung unter der alten Firma mit Filialzusatz weitergeführt werden darf. In unserem Beispiel würde die Firma der Filialapotheke dann lau-ten: „Brunnen-Apotheke Fritz Meier e. K., Zweigniederlassung der Adler –Apotheke Fritz Meier e. K. , A-Stadt“.
E. Fazit
Nach all den vorangestellten Aspekten für den Apothekenfilialbesitz ist wohl eines sicher: Eine Entscheidung für oder gegen das Führen mehrerer Apotheken kann nur eine ganz in-dividuelle Entscheidung sein und bedarf daher einer umfassenden Analyse aller Faktoren im Einzelfall, wobei der Wirtschaftlichkeitsberechnung eine besondere Bedeutung zukommt. Neben den zwingend erforderlichen Faktoren wie z.B. dem geeigneten Standort oder einem angemessenen Kaufpreis hängt die unternehmerische Entscheidung auch von den persönli-chen Voraussetzungen des Apothekers ab wie z.B. Risikobereitschaft und Führungskompe-tenz. Ein weiteres Entscheidungskriterium ist sicher auch die persönliche Finanzkraft des Einzelnen.
Sollte sich ein geeignet erscheinendes Objekt anbieten, ist es sicher hilfreich, sich einem erfahrenen Berater anzuvertrauen, um Details zu erörtern und die entsprechenden – der Si-tuation angepassten – Rentabilitäts- und Verfügungsbetragsberechnungen erstellen zu las-sen. Diese bieten dann eine fundierte Entscheidungshilfe. Muß eine einmal getroffene Ent-scheidung aus Wirtschaftlichkeitsgründen wieder korrigiert werden, kann dies eine teure An-gelegenheit werden. Bedienen Sie sich auf jeden Fall der Unterstützung von kompetenten apothekenrechtlichen und – wirtschaftlichen Beratern, um solche Risiken zu verringern..
RA und Notar Dr. Johannes Kevekordes
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Für kompetente Beratung im Apothekenrecht