Zum Versuch des Apothekengroßhandels, Marktanteile zu kaufen: Sind Treueboni zulässig? – Apothekenrecht
Nach den Informationen der Treuhand Hannover GmbH Steuerberatungsgesellschaft durfte in 2013 jeder Außendienstmitarbeiter von Phoenix Pharmagroßhandel bis zu drei Neukunden – über den für RX-Arzneimittel höchstzulässigen Großhandelsrabatt von 3,15 % auf den Herstellerabgabepreis und großzügig eingeräumte Skonti hinaus – dadurch gewinnen, dass er einem potentiellen Neukunden folgenden Treuebonus anbot: Wer erstmals bei Phoenix über einen Zeitraum von 13 – 15 Monaten – und zwar im Umfang von monatlich mindestens 100.000 € – RX-Arzneimittel bezog, erhielt im Januar 2014 einen Treuebonus von 30.000 – 40.000 € erhalten. In einigen Fällen soll Phoenix auch angeboten haben, einen solchen Treuebonus quartalsweise nachträglich zu zahlen.
Wie ist ein solches Vorgehen eines Apothekengroßhändlers rechtlich zu beurteilen?
Es dürfte noch keine unbillige Behinderung von Wettbewerbern nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen beinhalten. Das entsprechende Vorgehen eines Apothekengroßhändlers dürfte aber einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung und damit eine bußgeldpflichtige Ordnungswidrigkeit darstellen. Zugleich könnte ein Bußgeldrisiko für Apotheker als Teilnehmer einer Ordnungswidrigkeit des Apothekengroßhändlers nicht von vorneherein ausgeschlossen werden, die das Angebot des vorgeschilderten Treuebonus eines Apothekengroßhändlers akzeptieren. Weiterhin dürften Wettbewerber des betreffenden Apothekengroßhändlers – nicht aber der einzelne Apotheker – gegenüber dem Apothekengroßhändler gute Aussichten haben, wegen unlauterer Werbung bzw. eines zielgerichteten Verstoßes des Apothekengroßhändlers gegen eine wettbewerbsregulierende Rechtsnorm eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung zu erwirken und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Apotheker, die mit einem Apothekengroßhändler eine Vereinbarung über den vorgeschriebenen Treuebonus abschließen, laufen darüber hinaus Gefahr, dass eine solche Vereinbarung wegen Verstoß gegen ein rechtliches Verbot nichtig ist und sie deshalb gegen den betreffenden Apothekengroßhändler keinen durchsetzbaren Anspruch auf Zahlung des an sich vereinbarten Treuebonus haben.
Diese erste rechtliche Einschätzung – Rechtsprechung und anderweitige rechtliche Stellungnahmen liegen noch nicht vor - beruht auf folgendem:
1. Ein Verstoß des betreffenden Apothekengroßhändlers gegen das Verbot der unbilligen Behinderung von Wettbewerbern dürfte ausscheiden, weil der betreffende Apothekengroßhändler auch bei Bildung von regionalen Teilmärkten auf dem Markt des pharmazeutischen Großhandels nicht marktbeherrschend sein dürfte.
2. Anderes gilt für die Frage, ob ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung vorliegt. Der Apothekengroßhändler könnte sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass für die einzelnen Lieferungen kein Rabatt von mehr als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zulässigen Höchstgrenze gewährt werde. Nach der Rechtsprechung ist nicht isoliert auf ein Rechtsgeschäft abzustellen, sondern auf die Gesamtheit der Rechtsgeschäfte, die nach der Verkehrsanschauung zumindest wirtschaftlich im Zusammenhang stehen. Einschlägig ist die Rechtssprechung des BGH zu Einkaufsgutscheinen für die Einlösung von Rezepten für RX- Arzneimittel aus 2010. Bei Gewährung eines Einkaufgutscheins bei Bezug eines RX-Arzneimittels ergibt sich der – unzulässige – Preisvorteil des Kunden dadurch, dass der Bezug von RX-Arzneimittel mit einem anderen beliebigen preisreduzierten Einkauf gekoppelt wird und aus der Sicht des Kunden beide Geschäfte eine Einheit bilden. Wie bei Gewährung eines Einkaufsgutscheins gewährt der betreffende Apothekengroßhändler zwar nicht isoliert für ein einzelnes Geschäft einen unzulässigen Rabatt, wohl aber in der Gesamtschau der wirtschaftlich zusammengehörenden Geschäfte. Auf die Warenbezüge umgerechnet, für welche Apothekengroßhändler den Treuebonus gewährt, ergibt sich für den Gesamtpreis der bezogenen RX-Arzneimittel ein zusätzlicher Rabatt zwischen 1,5 - 2,5 % über den nach der Arzneimittelpreisverordnung zulässigen Großhandelsrabatt von 3,15 % auf den Herstellerabgabepreis hinaus.
Die vorstehende Beurteilung ändert sich auch nicht für den Fall, dass der Treuebonus nicht in einem Betrag, sondern quartalsweise nachträglich gezahlt wird. Im Gegenteil wird dann die Verknüpfung des Bonus mit den einzelnen Lieferungen und die damit verbundene Überschreitung der gesetzlichen Rabattgrenze noch deutlicher. Für den jeweiligen Apotheker ist die quartalsweise Zahlung allerdings sicherer, weil die Bonus-Beträge, die er erhalten hat, auch bei einem rechtlichen Angriff auf die Bonus-Zahlungen nicht mehr herausgeben muss und nicht das Risiko trägt, trotz Warenbezügen über den betreffenden Apothekengroßhändler mit der genannten Größenordnung über mehrere Quartale am Schluss den Treuebonus nicht (mehr) zu erhalten. Trotz Verstoßes gegen die Arzneimittelpreisverordnung und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb dürfte eine Bonusvereinbarung zivilrechtlich wirksam sein.
Dr. Johannes Kevekordes
Rechtsanwalt und Notar
Für kompetente Beratung im Apothekenrecht