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Unterhalt, Zugewinnausgleich, Steuer – Apothekenrecht

Ehe und nichteheliche Lebensgemeinschaft: Die Ehe ist auch dem liberalen Staat immer noch heilig

Am Januar 2009 sind wichtige Änderungen zum ehelichen Unterhaltsrecht und am 1. September 2009 zum Zugewinnausgleich und zum Versorgungsausgleich im Fall der Ehescheidung in Kraft getreten. Nach wie vor gibt es gravierende Unterschiede in der rechtlichen Behandlung der Ehe und nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

Unterhaltsansprüche von Ehegatten 

Mit der Eheschließung entsteht ein wechselseitiger Unterhaltsanspruch der Ehegatten. Die Höhe des Unterhaltsanspruchs richtet sich zum einen nach dem Unterhaltsbedürfnis des unterhaltsberechtigten Ehegatten und zum anderen nach der Leistungsfähigkeit beziehungsweise dem Einkommen des unterhaltsverpflichteten Ehegatten. Dieser Unterhaltsanspruch ist – auch im Fall der Trennung der Ehegatten – nicht abdingbar. Auch nach einer Scheidung besteht der ursprüngliche eheliche Unterhaltsanspruch als sogenannter nachehelicher Unterhaltsanspruch grundsätzlich fort. Soweit nicht andere ehebedingte Nachteile für den unterhaltsberechtigten Ehegatten auszugleichen sind, ist der nacheheliche Unterhaltsanspruch des Ehegatten, der die gemeinsamen Kinder betreut, allerdings nunmehr grundsätzlich auf den Zeitraum bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des jüngsten Kindes begrenzt. Ob und inwieweit anschließend ein Unterhalt etwa in Form des Aufstockungsunterhalts zu leisten ist, hängt vom Einzelfall ab.

Ausschluss des nachehelichen Unterhaltsanspruchs ? 

Grundsätzlich kann durch einen notariell zu beurkundenden Ehevertrag sowohl vor wie nach Eheschließung der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auch für den Fall der Krankheit und Arbeitslosigkeit ausgeschlossen werden. Nach der Rechtsprechung ist ein solcher Ausschluss allerdings unwirksam, wenn sich ein Vertragspartner zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in einer ungleichgewichtigen bzw. schwachen Verhandlungsposition befunden hat. Einen solchen Fall nimmt die Rechtsprechung insbesondere an, wenn die künftige Ehefrau bei Abschluss des Ehevertrags noch vor der Heirat schwanger ist. Darüber hinaus sieht die Rechtsprechung den Ausschluss des nachehelichen Unterhaltsanspruchs als unwirksam an, wenn die Ehegatten nach Wirksamwerden des Ehevertrags Kinder bekommen und einer der Ehegatten deshalb ganz oder teilweise wegen Betreuung der Kinder nicht berufstätig ist.

Keine Unterhaltsansprüche in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft

In der nichtehelichen Lebensgemeinschaft haben die Partner untereinander grundsätzlich keinen Unterhaltsanspruch. Sie haben sich gegen die Ehe und damit gegen die zwingenden Folgen der Ehe entschieden. Allerdings hat die Mutter eines Kindes gegen den Vater einen Unterhaltsanspruch frühestens vier Monate vor der Geburt bis mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes, auch wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind.

Darüber hinaus hat die nichteheliche Lebensgemeinschaft gleiche Rechtsfolgen wie eine Ehe, wenn ein Lebenspartner das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) beantragt. Dann sieht der Gesetzgeber die nichteheliche Lebensgemeinschaft als eine Bedarfsgemeinschaft und rechnet dem Anspruchsteller Einkommen und Vermögen des Lebenspartners zu. Kann der Lebenspartner damit den Anspruchssteller unterhalten, entfällt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II.

Zugewinnausgleich nach Ende  der Ehe

Eine wesentliche vermögensrechtliche Folge der Ehe ist der Anspruch auf Zugewinnausgleich. Dieser Anspruch entsteht, wenn die Ehe endet, entweder durch Tod oder durch Scheidung. Bei Beendigung der Ehe durch Tod eines Ehegatten führt der Zugewinnausgleichsanspruchs des überlebenden Ehegatten „nur“ zu der tröstlichen Folge, dass auf das ererbte Vermögen des verstorbenen Ehegatten insoweit keine Erbschaftsteuer anfällt, wie der Zugewinnausgleichsanspruch des überlebenden Ehegatten reicht. Gravierend und existenzbedrohend können dagegen Zugewinnausgleichsansprüche im Fall der Scheidung insbesondere von selbständigen Freiberuflern mit hohem Zugewinn während der Ehe sein. Zugewinn ist die Differenz zwischen dem Endvermögen eines Ehegatten zum Zeitpunkt des Ehescheidungsantrags und seinem Anfangsvermögen bei Beginn der Ehe. Soweit sein Zugewinn den Zugewinn des anderen Ehegatten übersteigt, hat letzterer Anspruch auf die Hälfte des Überschusses. Seit dem 1. September 2009 wird auch die Tilgung von Schulden von Beginn oder während der Ehe bis Scheidungsantrag zum Zugewinn gezählt. Angesichts dieser Rechtslage empfiehlt sich insbesondere für selbständige Freiberufler, den Zugewinnausgleich durch notariell zu beurkundenden Ehevertrag für den Fall der Scheidung zumindest zu modifizieren. Anderenfalls kann die Insolvenz eines von Scheidung betroffenen selbständigen Heilberuflers nicht ausgeschlossen werden, wie folgender Beispielfall zeigt.

Ein Apotheker hat sein Geschäft mit einem Existenzgründungskredit von 500.000 Euro eröffnet. Das Anfangsvermögen beider Ehegatten ist praktisch Null. Im Verlauf der zwanzigjährigen Ehe tilgt der Apotheker den Kredit von 500.000 Euro und er erwirtschaftet mit seiner Apotheke einen derartigen Umsatz, dass sie einen Ertragswert von 500.000 Euro erreicht.  Der Zugewinn des Apothekers als Differenz zwischen Endvermögen zum Zeitpunkt des Scheidungsantrags und dem Anfangsvermögen beträgt dann neuerdings nicht nur 500.000, sondern 1 Million Euro. Wenn der andere Ehegatte in dieser Zeit nicht berufstätig war, beispielsweise, weil er die gemeinsamen Kinder betreut und kein eigenes Vermögen erworben hat, hat letzterer Ehegatte gegen den selbständigen Apotheker einen Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe der Hälfte des Zugewinns, mithin auf Zahlung von 500.000 Euro.

Ausschluss des Zugewinnausgleichs meist wirksam

Mit Blick auf die Folgen hält die Rechtsprechung den Ausschluss oder die 

Modifizierung des Zugewinnausgleichsanspruchs in einem notariell zu beurkundenden Ehevertrag in den meisten Fällen für wirksam. Die Beurteilungsmaßstäbe sind deutlich milder als bei Ausschluss oder Begrenzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt.

Kein Zugewinnausgleich in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Trennt sich ein nichteheliches Paar, gibt es hingegen keinen 

Zugewinnausgleich, auch wenn das  beispielsweise bei jahrelangem Zusammenleben mit einer Rollenteilung wie in einer traditionellen Ehe oder bei engagierter Mitarbeit eines Lebenspartners in der Apotheke des anderen Lebenspartners grob ungerecht erscheinen mag.

Ein Ausweg ist in Ausnahmefällen die Annahme einer BGB-Innengesellschaft zwischen den Partnern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, wenn beispielsweise die Beiträge und Arbeitsleistungen eines Lebenspartners in der Apotheke des anderen Lebenspartners über ein typisches Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis hinausgegangen sind. Eine solche nach außen nicht hervortretende Gesellschaft setzt einen gemeinsam verfolgten Zweck der Lebenspartner voraus, der über das bloße Zusammenleben oder die bloße Tätigkeit eines Lebenspartners als Arbeitnehmer des anderen Lebenspartners hinausgeht. Unter dieser Voraussetzung hat der ausscheidende Lebenspartner mit Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und zugleich der BGB-Innengesellschaft einen Abfindungsanspruch gegen den anderen Lebenspartner. Ob diese Voraussetzung für einen Abfindungsanspruch vorliegt, ist in einem Rechtsstreit oft schwer zu klären.

Versorgungsausgleich nach Ehescheidung

Im Fall einer Ehescheidung findet ein Ausgleich der Versorgungsanwartschaften der Ehegatten statt, ähnlich wie ein Zugewinnausgleich. Dazu werden die Versorgungs- beziehungsweise Rentenanwartschaften der Ehegatten bei berufsständischen Versorgungswerken, der Deutschen Rentenversicherung Bund, der betrieblichen Altersversorgung und privaten Rentenversicherungen festgestellt. Wenn und soweit die Summe der Rentenanwartschaften eines Ehegatten die entsprechenden Anwartschaften des anderen Ehegatten übersteigen, hat er die Hälfte der Differenz an den anderen Ehegatten zu übertragen. In der traditionellen Ehe, in der der eine Ehegatte in der Apotheke arbeitet und der andere Ehegatte sich im Wesentlichen um die Betreuung der gemeinsamen Kinder kümmert, kommt es daraufhin nach Scheidung der Ehe im allgemeinen zur Übertragung von Versorgungsanwartschaften im Wert von hohen fünfstelligen Beträgen.

Auch im Hinblick auf den Versorgungsausgleich ist es möglich, durch notariell zu beurkundenden Ehevertrag den Versorgungsausgleich auszuschließen oder zu modifizieren. Wenn ein Ehegatte in der Apotheke des anderen Ehegatten mitarbeitet, empfiehlt sich zum Beispiel im Interesse beider Ehegatten, für den mitarbeitenden Ehegatten eine sozialabgabenfreie Direktversicherung in Form einer Lebensversicherung abzuschließen, in die der andere Ehegatte zugunsten des mitarbeitenden Ehegatten nach entsprechender Gehaltsumwandlung regelmäßig einzahlt. Im Ehevertrag ist dann zu regeln, dass die entsprechende Lebensversicherung und ihre Leistung daraus im Fall der Ehescheidung an die Stelle des Anspruchs auf Versorgungsausgleichs tritt.

Auch hier unterscheidet sich die nichteheliche Lebensgemeinschaft von der Ehe.  Nach Beendigung der Lebensgemeinschaft gibt es keinen Versorgungsausgleich. 

Steuerliche Unterschiede

Verheiratete Steuerpflichtige und Steuerpflichtige in nichtehelicher Lebensgemeinschaft werden auch bei der Einkommen- und Erbschaftsteuer gravierend unterschiedlich behandelt. 

Sofern Eheleute nicht ausdrücklich die getrennte Veranlagung wünschen, werden Ehegatten gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt mit dem Vorteil des so genannten Ehegattensplittings. Das heißt, die Einkünfte beider Ehegatten werden zusammengerechnet und so besteuert, als würden beide Ehegatten gleich viel verdienen. Dadurch wird die Progression der Besteuerung insbesondere von höheren Einkommen deutlich abgemildert. Das Ehegattensplitting führt insbesondere dann zu einer beträchtlichen Ermäßigung der Einkommensteuer, wenn die Ehegatten sehr unterschiedlich verdienen, wie es insbesondere in der traditionellen Ehe der Fall ist, in der ein Ehegatte beispielsweise in der Apotheke voll engagiert ist und sich der andere Ehegatte um die Betreuung der gemeinsamen Kinder und den Haushalt kümmert. In der nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird demgegenüber jeder Partner nach seinen individuellen Einkommen und damit mit einem möglicherweise deutlich höheren Steuersatz besteuert.

Im Fall des Todes eines Ehegatten steht dem anderen Ehegatten nach dem Erbschaftsteuergesetz ein Freibetrag von 500.000 Euro und darüber hinaus ein sogenannter Versorgungsfreibetrag von 276.000 Euro (abzgl. des Kapitalwerts steuerfreier Renteneinnahmen) zu. Hinzu kommt, dass ein Ehegatte ein von den Ehegatten bewohntes Einfamilienhaus, auch wenn es einen sechsstelligen Wert hat, erbschaftsteuerfrei erben kann, wenn der erbende Ehegatte nur weitere 10 Jahre dort wohnt.

Demgegenüber hat der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bei Versterben des anderen Lebenspartners wie jeder andere Dritte nur einen Erbschaftsteuerfreibetrag von 20.000 Euro. Nicht zu verwechseln: Die eingetragene gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft ist der Ehe zwischen Mann und Frau erbschaftssteuerlich gleichgestellt.

Kindesunterhalt

Beim Kindesunterhalt gibt es keinen Unterschied zwischen Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Die Ansprüche eines Kindes auf Unterhalt und auf Kindergeld knüpfen an die Blutsverwandtschaft oder die durch Adoption vermittelte rechtliche Verwandtschaft an, nicht aber an den Umstand, ob die Eltern des Kindes verheiratet sind.

Dr. Johannes Kevekordes
Rechtsanwalt und Notar

Für kompetente Beratung im Apothekenrecht

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