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Vererben- wie mache ich es richtig – Apothekenrecht

Wir vererben mehr als Finanzwerte. Wir vererben Werte, Urteile, unerfüllte Aufgaben und Wünsche. Wer ein Testament schreibt, denkt an die Zukunft.  Denken Sie aber auch zurück: Was haben Sie begonnen und möchten es nun weitergeben? Das Schreiben eines Testaments ist eine hervorragende Gelegenheit, dies auszuloten.

I. Gesetzliche Erbfolge 

Immer, wenn ein Verstorbener keine letztwillige Verfügung getroffen hat, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Sie ist im BGB geregelt. Was heißt gesetzliche Erbfolge?

Unser Gesetz geht davon aus, dass der Durchschnittsbürger das, was er oder sie zum Zeitpunkt seines oder ihres Todes an Vermögen hat, denjenigen vererben will, die ihm oder ihr am nächsten standen: dem Ehegatten, den Kindern, dem Lebenspartner, den Geschwistern und anderen Verwandten. Wenn keine Kinder oder Enkelkinder leben und auch kein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner da ist, kommen der Reihe nach die nächsten Verwandten zum Zuge.

Für die Erbfolge unterteilt das Gesetz die Verwandten in Ordnungen. Dabei gilt der Grundsatz, dass nähere Verwandte entferntere ausschließen.

Erben der ersten Ordnung

(Folie:  Erben erster Ordnung)

Beispiel: Herr Meier (Erblasser) hinterlässt eine Tochter und einen Sohn. Nach seinem Tode werden sie zu gleichen Teilen Erben. Ist der Sohn vor seinem Vater gestorben und hinterlässt er ebenfalls eine Tochter und einen Sohn, so treten seine Kinder, also die Enkel des Erblassers, an seine Stelle. Die Tochter von Herrn Meier erbt dann die Hälfte, die beiden Enkelkinder je ein Viertel. 

Erben der zweiten Ordnung  

Sie kommen nur zum Zuge, wenn Erben der ersten Ordnung nicht vorhanden sind  

(Folie: Erben zweiter Ordnung)

Beispiel: Stirbt also Frau Meier unverheiratet und ohne Kinder, fällt ihr Vermögen an ihre Eltern und, falls diese nicht mehr leben, fällt es an ihre Neffen und Nichten und deren Abkömmlinge.   

Ehegatten und Lebenspartner

Lebt die Ehefrau oder der Ehemann des Erblassers noch, erbt auch sie oder er.

Das Erbrecht des Ehegatten besteht selbständig neben dem der Verwandten. 

Wenn der Ehegatte zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch lebt, gehört er zu den gesetzlichen Erben. Die Höhe seines Erbteils hängt dabei von dem Güterstand der Ehe ab. Die Höhe des gesetzlichen Erbteils der Verwandten ändert sich dann entsprechend.

„Voraus“- ein Sonderrecht

Gibt es kein Testament erhält der Ehegatte zusätzlich zu seinem Erbteil den sog. Voraus. Das sind zum gemeinsamen Haushalt gehörende Gegenstände wie Möbel Teppiche, Bücher, Bilder und Haushaltsgeräte, alles, was er zur Führung eines Haushalts benötigt.

Wenn es keine Kinder gibt 

Kinderlose Ehepaare sind häufig der Ansicht, nach dem Tod des Ehepartners sei der oder die Überlebende automatisch Alleinerbe. Das ist aber nicht so: Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten des Verstorbenen erben mit. Wenn Sie das nicht wollen, müssen Sie ein Testament machen oder einen Erbvertrag schließen.

Höhe des Erbteils

Die Höhe des Erbteils, die Erbquote, richtet  sich zum einen danach, ob und welche Verwandte ebenfalls erben und danach, in welchem Güterstand das Ehepaar gelebt hat. 

Neben den Verwandten der ersten Ordnung erbt der Ehepartner ein Viertel des Nachlasses. (Folie: Erbrecht des Ehegatten)

Nur, wenn weder Verwandte der ersten Ordnung noch der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden sind, erbt der überlebende Ehegatte alles.     

Die Erbquote ist ferner davon abhängig, in welchem Güterstand die Eheleute zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers gelebt haben. Wenn Sie vor oder während Ihrer Ehe keine ausdrückliche Regelung über einen anderen Güterstand getroffen haben, gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. 

Zugewinngemeinschaft bedeutet, dass das Vermögen, dass ein Ehegatte in die Ehe einbringt, immer sein Eigentum bleibt, genauso wie Schenkungen und Erbschaften, die er vor oder während der Ehe macht. Wertsteigerungen dieses Vermögens und das in der Ehe hinzuerworbenen Vermögen werden nach der Auflösung der Ehe- also bei Scheidung oder Tod-geteilt. Der Ehegatte, dessen Vermögen höher ist als das des anderen, muss die Hälfte abgeben. Bei einer Scheidung wird das genau ausgerechnet, beim Tod eines Ehegatten wird der gesetzliche Erbteil des Ehegatten einfach pauschal um ein Viertel erhöht.

Fazit: Der Ehegatte erhält neben Kindern und Enkeln des Verstorbenen neben seinem Anspruch auf ¼ als gesetzlicher Erbe ein weiteres Viertel als pauschalem Zugewinnausgleich dazu. Sein Erbteil beträgt also die Hälfte der Erbschaft.

War die Ehe kinderlos, erhält er –wenn Erben der zweiten Ordnung, also Eltern oder Geschwister des Erblassers vorhanden sind- neben diesen (und Großeltern) drei Viertel. Nur neben noch weiter entfernten Verwandten erbt er allein.

Für lange Ehen ist die pauschale Aufstockung des Erbteils des Ehegatten sicher interessengerecht. Ist  sie das aber auch, wenn z.B. eine zweite Ehe nur kurz gedauert hat und der zweite Ehepartner das Viertel erhält für etwas, für das er selbst praktisch keine Leistung erbracht hat? Beispiel: Witwer W. heiratet ein zweites Mal. Er hat aus der ersten Ehe zwei Kinder. Nach wenigen Jahren Ehe verstirbt er und hinterlässt 200.000 €. Ehefrau erhält 100.000 € und jedes Kind 50.000 €. Interessen der Kinder aus der ersten Ehe werden beeinträchtigt. Falls das nicht gewollt ist: Testament.

Nichteheliche Kinder und adoptierte Kinder  

Ein nichteheliches und ein als minderjährig adoptiertes Kind  erben wie eheliche Kinder. Will der Erblasser eine Erbengemeinschaft zwischen seinem nichtehelichen Kind und den sonstigen Erben verhindern, muss er tätig werden und ein entsprechendes Testament machen.

Stiefkinder

Stiefkinder sind mit dem Stiefelternteil nicht verwandt und gehören deshalb nicht zu den gesetzlichen Erben des Stiefelternteils. Sie erben nur von ihrem leiblichen Elternteil.

Erbrecht des Staates    

Kann kein Erbe ermittelt werden, erbt der Staat. Wer keinen gesetzlichen Erben hat und das Erbrecht des Staates ausschließen möchte, kann dies in einem Testament oder Erbvertrag tun.

II. Testament und Erbvertrag

Sie wissen nun, wer Ihr Erbe wird, wenn Sie keine weiteren Vorkehrungen treffen und es bei der gesetzlichen Erbfolge belassen, die das Gesetz vorsieht. 

Wenn Sie mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sind und über Ihren Nachlass anderweitig bestimmen möchten, können Sie das durch die Errichtung einer  sog. Letztwilligen Verfügung, also durch ein Testament oder einen Erbvertrag. Dabei müssen Sie formelle und auch inhaltliche Vorschriften beachten.

Testierfähigkeit (Vertretung ausgeschlossen, ärztliches Gutachten, Betreute sind testierfähig), 

verschiedene Testamentsformen (eigenhändiges Testament – mit der Hand geschrieben von der ersten bis zur letzten Zeile- mit vollständigem  Namen unterschrieben- Orts-und Datumangabe sinnvoll; öffentliches =notarielles Testament- mündliche Erklärung vor dem Notar, der letzten Willen dann schriftlich niederlegt oder Übergabe eines Schriftstücks, das den letzten Willen beinhaltet), 

Aufbewahrung (Schuhkarton beim eigenhändigen Testament, Gefahr der Vernichtung, Verwahrung beim Amtsgericht, Hinterlegungsschein, Zentrales Testamentsregister Eintrag für 15 €), 

Widerruf, Änderungen und Ergänzungen,

Gemeinschaftliches Testament (Das gemeinschaftliche Testament enthält zwei Testamente in einem Schreiben. Es wird eigenhändig von einem der Partner geschrieben und von beiden jeweils persönlich mit Ort und Datum versehen und unterschrieben (Folie: Formulierungsbeispiel). Das gemeinschaftliche notarielle Testament errichten Sie gemeinsam vor einem Notar Ihrer Wahl.

Bindungswirkung: Setzten Sie sich gegenseitig als Erben ein, liegt eine wechselbezügliche Verfügung vor. Haben Sie eine solche wechselbezügliche Verfügung getroffen, kann diese zu Lebzeiten nur noch im Einverständnis mit dem Ehepartner geschehen, z.B. durch Errichtung eines neuen gemeinschaftlichen Testaments; ansonsten nur durch einseitigen Widerruf durch Erklärung vor einem Notar, der die Erklärung dann dem anderen Partner zustellen muss.

Ist einer der Partner gestorben, kann der andere Partner nicht mehr widerrufen und auch die wechselbezüglichen Verfügungen nicht mehr ändern.

Bsp.: Herr und Frau M. haben sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben und ihre beiden Kinder als Erben des überlebenden Ehepartners eingesetzt. Nach dem Tod seiner Frau erkennt Herr M. , dass er doch nicht seine Kinder zu gleichen Teilen als Erben einsetzen möchte, sondern ein Kind, das sich besonders um ihn gekümmert hat, als Alleinerben. Geht nicht mehr. Aber: Änderungsklausel eröffnet Gestaltungsmöglichkeiten (Folie: Formulierungsbeispiel).

Tipp: Wenn sich Ihre persönlichen Verhältnisse ändern, überprüfen Sie ihre testamentarischen Verfügungen.

Erbvertrag   

Der Erbvertrag ist ein Vertrag zwischen zwei oder mehreren Personen, in dem zumindest eine Person letztwillige Verfügungen trifft, die – da ein Vertrag vorliegt- 

nicht einfach von dem Testierenden geändert werden können. 

Vor.: Geschäftsfähigkeit des Testierenden, vor dem Notar bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Vertragspartner (Erblasser muss persönlich anwesend sein, Vertretungsrecht für die anderen), Verwahrung amtlich oder durch Notar, Unwirksamkeit durch Rücknahme.

Der Erbvertrag ist für Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften die einzige Möglichkeit, gemeinsam erbrechtliche Verfügungen zu treffen.

Wann ist ein Erbvertrag sinnvoll?  Wenn Sie für die Zukunft  auch für Ihre Erben bindende Vereinbarungen über die Erbfolge treffen wollen- u.U. verknüpft mit einem Pflichtteilsverzichtvertrag. Nur durch eine solche Vereinbarung können Sie Ihren Vertragserben wirksam vor der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen schützen.  

Kosten und praktische Hinweise

Welche Form der Testamentserrichtung ist nun für Sie die richtige?

Vorteile des eigenhändigen Testaments sind offensichtlich: schnell zu errichten, zu ergänzen und zu ändern – ohne Kostenaufwand, wenn beim Amtsgericht hinterlegt auch keine Gefahr der Unterdrückung im Erbfall

Aber: Hinterlegungskosten für not. Testament sind nicht höher. Der überwiegende Teil der privatschriftlich verfassten Testamente sind widersprüchlich, fehlerhaft und unwirksam, also: zumindest Rechtsrat einholen.

Vorteile des not. Testaments: Ihre Testierfähigkeit wird gleichzeitig festgestellt. Ihre Erben können die Kosten der Beantragung eines Erbscheins sparen. Es ersetzt den Erbschein, den Ihre Erben zum Nachweis ihres Erbrechts brauchen, z. b. für die Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch oder zum Nachweis gegenüber Kreditinstituten. Ungefähr kostengleich.

Erbvertrag kann dann sinnvoll sein, wenn komplizierte Vermögens-und Familienverhältnisse vorliegen.

III. Inhalt letztwilliger Verfügungen

Mit dem Tod des Erblassers oder der Erblasserin geht das Vermögen als Ganzes auf einen oder mehrere Erben über. Zum Vermögen und damit zum Nachlass gehören Grundstücke, Wertpapiere, Bankkonten, Forderungen (z.B. weil man jmd. Geld geliehen hat), Schmuck, Bilder, Hausrat. Verschaffen Sie sich einen Überblick! Bevor Sie Ihren Erben bestimmen, sollten Sie zusammenstellen, über welches Vermögen Sei verfügen und welche Schulden bestehen.

Lebensversicherung

Wenn die Lebensversicherung einen Berechtigten ausweist, fällt sie an diesen und wird, wenn er gleichzeitig Erbe ist, nicht auf sein Erbe angerechnet. Bitte prüfen Sie, wen Sie als Bezugsberechtigten angegeben haben. Wenn Sie die Bezugsberechtigung ändern wollen, müssen Sie dies gegenüber Ihrer Lebensversicherung erklären, eine Erklärung im Testament reicht dazu in der Regel nicht.

Sorgen Sie für Klarheit

Benennen Sie Ihre Erben namentlich, benennen Sie Ersatzerben(Def.), Testament mit einer Bedingung (Studium erfolgreich absolviert, keine Heirat vor dem 25. Lebensjahr)

Wer kann Erbe werden?

Jede nat. Person, die zum Zeitpunkt des Erbfalls lebt bzw. gezeugt ist. 

Tiere sind nicht erbfähig. Durch eine Auflage an die Erben kann aber dafür Sorge getragen werden, dass das Tier versorgt ist.

Auch jur. Personen des Privatrechts und des Öffentlichen Rechts sind erbfähig, also z.B. Kirchen, Vereine, Stiftungen.

Wichtig: Wenn Sie jemanden zum Erben einsetzen, muss sich diese Einsetzung entweder auf den gesamten Nachlass- das ist der Fall des Alleinerben- oder auf einen Bruchteil – ein Halb, ein Viertel- beziehen. Das BGB kennt keine Erbeinsetzung hinsichtlich einzelner Gegenstände. Diese müssen Sie im Wege eines Vermächtnisses zuwenden. (Beispiel)Haben Sie in Ihrem Testament  nur Vermächtnisse angeordnet, dann gilt für den Rest Ihres Vermögens die gesetzliche Erbfolge. Wenn Sie mehre Erben einsetzen wollen, überlegen Sie genau, zu welchen Bruchteilen diese erben sollen. 

Instrumentenkasten:

  • wechselseitige Erbeinsetzung mit Schlusserben
  • Anordnung der Vor- und Nacherbschaft
  • Vermächtnis
  • Teilungsanordnung
  • Testamentsvollstreckung

Lassen Sie sich beraten. Dann kommen Sie zum Ziel und vermeiden oft unsäglichen Streit unter den Erben!

Dr. Johannes Kevekordes
Rechtsanwalt und Notar

Für kompetente Beratung im Apothekenrecht

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