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„Scheiden tut weh“ – Vor- und Nachsorge durch Ehevertrag oder Scheidungs-folgenvereinbarung – Apothekenrecht

1. Einleitung

In Deutschland wird derzeit mehr als jede dritte Ehe geschieden mit oftmals existenzbedrohenden Folgen für die Beteiligten. Dieses Schicksal trifft oftmals auch selbstständige Ärzte und Apotheker. Insbesondere wenn Existenzgründer/innen (nachstehend ist mit der männlichen stets die weibliche Form mitgemeint) von Praxen und Apotheken sowie solche Ärzte und Apotheker von einer Scheidung betroffen werden, die eine bestehende Praxis oder Apotheke stark ausgeweitet haben, droht aufgrund der Zugewinnausgleichsansprüche des anderen Ehepartners die Insolvenz, wenn nicht vor der Ehe oder zumindest in einer Scheidungsfolgenvereinbarung eine für beide Seiten erträgliche Lösung gefunden wird. Im Folgenden sollen die Ehewirkungen und der daraus folgende Regelungsbedarf samt Regelungsmöglichkeiten angerissen werden.

2. Kindessorge

Besteht ein Kinderwunsch der künftigen Ehepartner oder sind im Fall der Scheidung Kinder vorhanden, ist als gesetzlicher Regelfall auch nach der Scheidung die gemeinschaftliche elterliche Sorge vorgesehen. Danach hat der geschiedene Ehegatte, der nicht die tatsächliche Sorge für die gemeinsamen Kinder übernimmt, ein gleichberechtigtes Mitspracherecht, welchen Kindergarten und/oder welche Schule ein Kind besucht. Weitere Probleme entstehen, wenn der Elternteil, der die tatsächliche Sorge für die Kinder übernommen hat, in einen weit entfernten Ort oder gar ins Ausland umzieht. Sind insoweit bei Fortbestand der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge Konflikte zu erwarten, empfiehlt sich, das Sorgerecht auf den Elternteil zu übertragen, der die tatsächliche Sorge für die Kinder übernehmen soll bzw. übernommen hat, um Konflikte zu Lasten der Kinder zu vermeiden.

3. Kindesunterhalt

Eine vertragliche Regelung von Kindesunterhalt unterhalb der von der Rechtsprechung anerkannten Mindestsätze nach der so genannten „Düsseldorfer Tabelle“ wäre unwirksam. Wirksam ist aber eine Vereinbarung von Kindesunterhalt oberhalb des nach der Rechtsprechung festgelegten Mindestbetrags. Insoweit kann sich der Unterhaltspflichtige einschließlich einer vereinbarten Anpassung in einem notariell beurkundeten Vertrag auch der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen.

4. Trennungs- und Scheidungsunterhalt

Im Fall der Trennung kann der unterhaltsberechtigte Ehepartner Unterhalt auch für die Vergangenheit verlangen, sobald er den unterhaltspflichtigen Ehepartner unter Fristsetzung zur Zahlung aufgefordert hat und dieser durch Nicht- oder nur teilweise Leistung in Verzug geraten ist. Umgekehrt kann der unterhaltsberechtigte Ehepartner auf Trennungsunterhalt nur für die Vergangenheit, nicht aber für die Zukunft rechtswirksam verzichten.

Auf Scheidungsunterhalt kann der Unterhaltsberechtigte dagegen grundsätzlich auch für die Zukunft verzichten, wenn der Verzicht auch für den Fall von Krankheit und Not erfolgt. Die - ehemaligen - Ehepartner werden dadurch so gestellt, wie wenn sie nicht verheiratet gewesen wären.

Zu beachten ist allerdings nach der Rechtsprechung des BGH zur Inhalts- und Ausübungskontrolle von Eheverträgen, dass vor einer Scheidung der tatsächlich oder potenziell unterhaltsberechtigte Partner nicht wirksam auf nachehelichen Unterhalt verzichten kann, wenn und so weit er gemeinsame Kinder zu betreuen hat oder aufgrund einer langjährigen Ehe, insbesondere einschließlich der Betreuung von gemeinsamen Kindern ehebedingte Nachteile in seiner beruflichen Entwicklung hinnehmen musste. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich generell, nicht einen vollständigen Ausschlusses nachehelichen Unterhalts zu vereinbaren. Vorzugs-würdig ist es, einen Höchstbetrag unter Berücksichtigung des voraussichtlichen verfügbaren Einkommens des unterhaltsverpflichteten Partners und/oder eine Befristung des Unterhaltsanspruchs im Anschluss an die Zeit der Betreuung der gemeinsamen Kinder zu regeln. Insoweit kommt eine vom Einzelfall abhängige Frist von 3 – 10 Jahren in Betracht. 

5. Modifizierung des Zugewinnausgleichs

Der erfahrungsgemäß größte Regelungsbedarf, aber auch Regelungsmöglichkeit besteht im Hinblick auf den gesetzlichen Zugewinnausgleichsanspruch. Auch nach der aktuellen Rechtsprechung besteht insoweit eine weitgehende Vertragsfreiheit der Partner. Zugewinn ist die Differenz zwischen dem Anfangsvermögen eines Ehepartners bei Beginn der Ehe und seinem Endvermögen zum Zeitpunkt des Scheidungsantrags. Der Ehepartner, der während der Ehe einen geringeren oder keinen Zugewinn erzielt hat, hat Anspruch auf die Hälfte des Betrags, um den der Zugewinn des anderen Ehegatten den eigenen Zugewinn übersteigt.

a) Auszugehen ist davon, dass in keinem Fall in einem Ehevertrag Gütertrennung vereinbart werden sollte, sondern nur ein sog. modifizierter Zugewinnausgleich für den Fall der Scheidung. Zum einen unterliegt der Anspruch auf Zugewinnausgleich, sei es aufgrund einer Scheidung, sei es von Todes wegen, weder der Einkommen- noch der Erbschaftssteuer. Aufgrund dieser steuerrechtlichen Situation kann dem überlebenden Ehegatten von Todes wegen ggf. erhebliches Vermögen steuerfrei zufließen. Diese Möglichkeit sollten sich die Ehepartner nicht durch eine unbedachte Vereinbarung der Gütertrennung verbauen. 

Zum anderen  ist eine Gütertrennung nicht erforderlich, um eine angebliche Haftung eines Ehepartners für die Verbindlichkeiten des anderen Ehepartners auszuschließen. Die Ehe hat nicht zur Folge, dass ein Ehepartner für die Verbindlichkeiten des anderen Ehepartners haftet, solange die Ehepartner eine Verbindlichkeit nicht gemeinsam eingegangen sind. 

b) Anstelle eines vollständigen Ausschlusse des Zugewinnausgleichs im Fall der Scheidung könnten die Ehepartner als mildere Form zugunsten des anderen Ehepartner auch vereinbaren, dass die Praxis oder die Apotheke(n) und sonstige unternehmerische Aktivitäten eines Ehepartners aus dem Zugewinnausgleichsverfahren herausgenommen werden, indem diese Vermögensbestandteile weder dem Anfangsvermögen bei Beginn der Ehe noch dem Endvermögen bei Scheidung einer Ehe zugerechnet werden. Um Manipulationsmöglichkeiten zu Lasten des anderen nicht unternehmerisch tätigen Ehepartners zu vermeiden, empfiehlt es sich zu regeln, welche Guthaben und Gewinnrücklagen der unternehmerisch tätige Ehegatte maximal im Betriebsvermögen halten darf, ohne dass diese Vermögensbestandteile dem - nach wie vor zugewinnausgleichspflichtigem - Privatvermögen hinzugerechnet werden.

c) In beiden Regelungsfällen - vollständiger Ausschluss des Zugewinnausgleichs im Scheidungsfall oder nur Herausnahme unternehmerischer Beteiligungen aus dem Zugewinnaus-gleich – ist zu überlegen, dass der andere Ehepartner eine Kompensation z. B. in Form von Allein- oder Miteigentum an einer Immobilie erhält. Eine solche Kompensation hat auch den Vorteil, dass das entsprechende Vermögen dem Zugriff der Gläubiger des unternehmerisch tätigen Ehegatten entzogen ist, der sich oftmals unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt sieht.

d) Durch einen vertraglich geregelten Zugewinnausgleich wird auch eine doppelte Belastung, insbesondere von selbstständig tätigen Ärzten und Apothekern mit Unterhalts- und Zugewinnausgleichsverpflichtungen im Fall der Scheidung vermieden. In solchen Fällen besteht nämlich die Gefahr, dass der besonders hohe Arbeitseinsatz eines Arztes oder Apothekers dadurch „bestraft“ wird, dass er sowohl einen hohen Geschiedenenunterhalt als auch einen hohen Zugewinnausgleich bezahlen soll. So wurde oftmals in der Vergangenheit bei Bewertung von Arztpraxen zur Berechnung eines Zugewinnausgleichs schematisch als angemessenes Ein-kommen ein Einkommen eines angestellten Oberarztes zugrunde gelegt, obwohl der zugewinnausgleichspflichtige Ehepartner ein weit höheres Einkommen durch weit höheren Arbeitseinsatz als ein Oberarzt erzielt hatte. Für solche Fälle hat der BGH zutreffend entschieden, dass auf den Einzelfall und den jeweiligen Arbeitseinsatz des zugewinnausgleichspflichtigen Arztes oder Apothekers abzustellen ist (BGH, Urt. v. 6.02.2008, Az. XII ZR 45/06). Dann verbleibt es zwar bei einer vergleichsweise hohen Belastung mit Geschiedenenunterhalt. Durch Abzug des überdurchschnittlich hohen Einkommens des unterhaltspflichtigen Arztes oder Apothekers vom Gewinn der jeweiligen Arztpraxis oder Apotheke verringert sich jedoch ihr Ertragswert. Mithin ist auch der daraus abzuleitende Zugewinn und mithin der Anspruch auf Zugewinnausgleich maßgeblich verringert.

6. Zum Versorgungsausgleich

Im Fall der Ehescheidung hat ähnlich wie der Zugewinnausgleich ein Versorgungsausgleich stattzufinden. Der Ehegatte, der während der Ehe eine höhere Anwartschaft auf Altersversorgung erwirbt, hat die Hälfte des Überschusses über die entsprechende Anwartschaft des an-deren Ehepartners auszugleichen. Ist der ausgleichungsberechtigte Ehegatte in der Deutschen Rentenversicherung Bund rentenversichert, ist der Versorgungsausgleich grundsätzlich über diese staatliche Rentenversicherung abzuwickeln. Wären beide Ehepartner dort versichert, vollzöge sich der Ausgleich schlicht dadurch, dass der entsprechende Überschuss an Versorgungsanwartschaften vom Rentenkonto des ausgleichungspflichtigen auf das Rentenkonto des ausgleichsberechtigten Ehegatten umgebucht würde. Die ausgleichungsverpflichteten Ärzte und Apotheker sind aber im allgemeinen nicht über die Deutsche Rentenversicherung Bund altersversichert, sondern über die Versorgungswerke der Ärzte und Apotheker. In einem solchen Fall müsste dann das Versorgungswerk einen nominell gleichen Betrag an die Deutsche Rentenversicherung Bund überweisen, wie es bei Versicherung beider Ehepartner über die Deutsche Rentenversicherung Bund dort intern geschehen würde. Dabei erbringt der gleiche Euro-Betrag in den Versorgungswerken der Apotheker und Ärzte aufgrund des dort im wesentlichen angewendeten Kapitaldeckungsprinzips eine weitaus höhere Altersversorgungsanwartschaft als der gleiche Euro-Betrag innerhalb der Deutschen Rentenversicherung Bund, die der Gesetzgeber mit vielen versicherungsfremden Ausgleichsleistungen belastet hat.

Im Fall der Scheidung unter der Beteiligung von Ärzten und Apothekern oder anderen Freiberuflern ist den Beteiligten deshalb dringend zu empfehlen, den gesetzlichen Versorgungsaus-gleich vollständig auszuschließen und ihn stattdessen über eine private Rentenversicherung abzuwickeln. Zu diesem Zweck sollte ein ähnlich hoher Betrag, wie er im Fall des gesetzlichen Versorgungsausgleichs in die Deutsche Rentenversicherung Bund einzuzahlen wäre, zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehepartners bei einer Lebensversicherungsgesellschaft ein-gezahlt werden mit der Maßgabe, dass der ausgleichungsberechtigte Ehegatte Bezugsrechte frühestens ab Vollendung seines 60. Lebensjahres in Form einer Rente - statt einer Einmalzahlung - hat. Zusätzlich sollte geregelt werden, dass diese Rentenversicherung die vereinbarte vertragliche jährliche Rentenleistung mindestens für 13 Jahre erbringt, auch wenn der aus-gleichungsberechtigte Ehegatte zuvor versterben sollte. 

Auch heute noch ist der häufigste Fall der Rollenverteilung in der Ehe, dass die Ehefrau eines Arztes oder Apothekers im Wesentlichen Hausfrau und Mutter und nur nebenberuflich tätig ist. Wird die Ehe solcher Ehepartner geschieden, ist prinzipiell der Ehemann gegenüber der Ehefrau zum Versorgungsausgleich verpflichtet. Insbesondere in einer solchen Konstellation empfiehlt sich, dass der ausgleichungsverpflichtete Arzt oder Apotheker zugunsten seiner neben-beruflich bei ihm eingestellten Ehefrau im Wege einer Direktversicherung jährlich eine Versicherungsprämie in eine Rentenversicherung zugunsten seiner Ehefrau einzahlt. Diese Einzahlung sollte in etwa der Hälfte der Differenz zwischen der Einzahlung des Arztes oder Apothekers in sein Versorgungswerk und der Einzahlung für seine Frau in deren gesetzliche Altersversicherung entsprechen. Im Rahmen der Nebentätigkeit der Ehefrau stellen die entsprechenden Einzahlungen nicht nur steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben dar. Solche Zahlungen an eine Lebensversicherung sind zudem von der Belastung mit Sozialversicherungsabgaben befreit. Voraussetzung ist nur, dass die betroffene Ehefrau einer entsprechende Umwandlung ihres Gehalts in eine Prämienzahlung an eine Lebensversicherung zustimmt.

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